Kommt die Bargeld Abschaffung?

Der Trend zu unbaren Zahlungen sowie die Berichterstattungen zum digitalen Euro fachen den Diskurs rund um das Bezahlverhalten der breiten Bevölkerung an. Gleichzeitig drängt sich die Fragestellung auf, ob sich derzeit ein schleichender Abschied vom Bargeld vollzieht.

Aktuelle Verbreitung von Bargeld in Deutschland

Laut aktuellen Studien der Deutschen Bundesbank gewinnen unbare Zahlungen deutschlandweit zunehmend an Beliebtheit. Im Rahmen einer von der Deutschen Bundesbank initiierten Befragung gaben rund 42 % der Befragten an, Bezahlvorgänge für Dienstleistungen und Warenkäufe 2021 mithilfe unbarer Zahlungen wie etwa Mobile Payment-Apps sowie Debit- oder Kreditkarte abgewickelt zu haben. Bargeld verliert in seiner Eigenschaft als Zahlungsmittel fortwährend an Bedeutung.

Die Corona-Pandemie hat den Trend zu unbaren Zahlungen zusätzlich befeuert. Statistische Daten der deutschlandweit agierenden Einzelhandelsunternehmen, die im stationären Handel angesiedelt sind, untermauern dies. Demnach machen Kartenzahlungen derzeit rund 58,8 % am Gesamtumsatz der entsprechenden Handelsunternehmen aus. Trotz des anhaltenden Erfolgs neuer Zahlungssysteme schätzt die deutsche Bevölkerung weiterhin das Bargeld und stuft es als sicheres Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel ein.

Laut Angaben der Deutschen Bundesbank sind deutschlandweit aktuell lediglich rund 10 % des gesamten Bargeldvolumens in Umlauf. Im Schnitt dienen 90 % der in Deutschland ausgegebenen Banknoten zur Hortung und nicht zum Einkauf. Insbesondere Krisenzeiten wie die aktuelle Energiekrise oder die Corona-Pandemie animieren zur Hortung von Bargeld, das als platzsparendes Wertaufbewahrungsmittel dient. Daten der Deutschen Bundesbank belegen diese Entwicklung. Demnach nahm die deutschlandweite Bargeldnachfrage 2021 um rund 10 %- Punkte gegenüber dem Vorjahr zu.

Wird das Bargeld abgeschafft?

Nach Einschätzung von Experten wird ein Großteil der Bevölkerung perspektivisch auf einen klassischen Geldbeutel verzichten und auf elektronische Wallets zurückgreifen. Exemplarisches Beispiel hierfür ist etwa Schweden. Das skandinavische Land gilt als Paradebeispiel dafür, wie mühelos und unkompliziert der Alltag ohne Bargeld gelingt. Hier greift das Credo: “ Bargeld brauchen nur Omas und Bankräuber“. Wer in Schweden lebt, hat in der Regel seine Debit- oder Kreditkarte im Smartphone hinterlegt und wickelt auf diese Weise Zahlvorgänge mithilfe unbarer Kartenzahlungen ab. Alternativ nutzen die Schweden für Bezahlvorgänge vorzugsweise die schwedische swish-app.

Trotz der Dominanz unbarer Zahlungen ist das Bargeld schwedenweit nicht abgeschafft. Dies ermöglicht Personen, die aufgrund spezieller Gründe keine digitalen Zahlsysteme nutzen können oder über keine offizielle Meldeadresse verfügen, die Teilhabe am Zahlungssystem. Bargeld ist inklusiv, geht mit Barrierefreiheit einher und verhindert den Ausschluss von Personen, die keinen Zugriff auf digitales Geld haben.

Der Vorstand der Deutschen Bundesbank sowie Verbraucherschützer knüpfen an diese Aspekte an und sprechen sich für den dauerhaften Erhalt des Bargelds aus. Laut Aussage von namhaften Bundesbänkern wie etwa Beermann bleibe Bargeld so lange notwendig, wie Bürger es tatsächlich nutzen möchten. Eine aktuelle Umfrage des Verbraucherzentrale-Bundesverbands spiegelt die Vorliebe der deutschen Bevölkerung zu Bargeld wider. Entsprechend gaben rund 75 % der Befragten an, Bargeld als Bezahloption nicht missen zu wollen.

Ersetzt der digitale Euro das Bargeld?

Grundsätzlich ersetzt der digitale Euro, dessen Einführung voraussichtlich im Kalenderjahr 2026 stattfindet, nicht das Bargeld. In seiner Eigenschaft als Digitalwährung zeigt er sich als eine Ergänzung zum Bargeld. In China, Venezuela, Senegal und Tunesien existieren bereits digitale Versionen der jeweiligen Nationalwährungen.

Der digitale Euro, der an Regularien der Europäischen Zentralbank gebunden ist und in Verbindung mit elektronischen Wallets funktioniert, knüpft an die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs an. Intention der Digitalwährung ist es, den Zahlungsverkehr für Unternehmen und Verbraucher zielgerichtet zu erleichtern und der breiten Bevölkerung eine neuartige Zahlungsart zugänglich zu machen. Parallel dazu fördert der digitale Euro die europaweite Finanz- und Währungsstabilität. Laut Experten präsentiert sich der digitale Euro künftig neben Einlagen bei der EZB und Bargeld als dritte Form von Zentralbankgeld. Bundesbankpräsident Nagel versteht den digitalen Euro als Instrument, um Abhängigkeiten und Risiken im Bereich des internationalen Zahlungsverkehrs zu minimieren.

Die Digitalwährung begünstigt einen sekundenschnellen Zahlungsverkehr in Echtzeit. Spezielle Apps oder QR-Codes steuern die jeweiligen Transaktionen, die im Online- und Offline-Modus möglich sein sollen. Anders als bei herkömmlichen SEPA-Buchungen wechselt das digitale Geld auf diese Weise innerhalb von Sekunden zwischen den einzelnen Parteien.

Unterstützt durch ein derartiges Verfahren entfallen im Zuge von grenzüberschreitenden Überweisungen Wartezeiten, sodass Zahlungsverkehr in Echtzeit zukünftig möglich ist. Kritiker verstehen die Digitalwährung als potenzielles Risiko für “ Bank Runs“. Entsprechende Szenarien üben einen negativen Einfluss auf das klassische Kreditgeschäft aus und erschweren die Refinanzierung der Banken. Die finale Entscheidung über die Einführung des digitalen Euros, der die Souveränität Europas wahren soll, fällt bei der EZB im Oktober 2023. Eine etwaige Entscheidung der EZB für die Einführung der europäischen Digitalwährung ist grundsätzlich an keine Bargeldabschaffung gekoppelt. Entsprechend dient Bargeld mittel- und langfristig als wichtiges Zahlungsmittel.